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No-love Songs

„Früher war ich ein sentimentales Ding, verschenkte mein Herz jeden Frühling auf’s Neue“ heißt es in einem Lied. Ich füge in Gedanken hinzu: „Jetzt weiß ich, wie der Hase läuft, und lasse mich auf so ein Theater nicht mehr ohne weiteres ein…“ Ein paar Zeilen weiter kommt: „Dieses Jahr jedoch fühle ich mich wie ein Pferd, das nie aus dem Stall gekommen ist… Der Frühling kann schon echt nervig sein.“
Genau, denke ich weiter, und diese ganzen blumigen, bescheuerten Liebeslieder gehen mir schon viel länger auf den Keks. Die Realität der Liebe sieht doch ganz anders aus! Das fängt bei Paartherapie an und hört bei den Scheidungs-Statistiken auf. Und was zwischendrin passiert, hat überhaupt nichts zu tun mit der immerwährende Liebe auf den ersten Blick oder dem Bild von zwei makellos schönen Menschen, die einander in Zeitlupe auf einer blühenden Blumenwiese in die Arme laufen. Boah, bin ich genervt. Sowas von. Geht gar nicht.
Die Realität der Liebe kann so hässlich sein, dass niemand Songs darüber schreiben will. Äh, warte – doch, ein paar Songs gibt es da schon. Ein paar Liederschreiber*innen waren so mutig, so bissig, so gar nicht weichgespült, die grausame Wahrheit beim Namen zu nennen. Wunderbar, dann haben Marc und ich schon ein Thema für den Saisonstart von „Jazz for the people“: „No-love Songs“. Am kommenden Mittwoch wollen wir gründlich aufräumen mit Klischees und Blumenwiesen. Der Satz „I love you“ wird nicht fallen, nicht ein einziges Mal. Stattdessen besinge ich, was die Liebe an Kinnhaken und Stolperfallen für einen gutgläubigen Menschen bereithält. Ich kann jetzt schon versprechen: Es wird kurzweilig, aber nicht besonders diplomatisch zugehen.

29. August 2024